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    's Heftpflaster 04/22

    Top Thema, Gesundheit, Wechseljahre

    Eine neue Lebensphase

    Was passiert während der Wechseljahre im Körper und wie kann mit der neuen Situation umgegangen werden? Antonia Trennheuser, leitende Apothekerin, tauscht sich mit dem Gynäkologen Dr. med. Claus Platten aus.

    Der monatliche Zyklus begleitet Frauen von der ersten Menstruation im Teenageralter bis zur Menopause. Was passiert während der Wechseljahre im Körper der Frau?

    Es passieren viele verschiedene Dinge – sowohl körperlich als auch mental. Alles in allem bereitet sich der Körper auf den nächsten Lebensabschnitt vor. Im fein eingestellten Hormonhaushalt kommt es dabei zu Turbulenzen. Dies kann sich verschieden äussern und ist von Frau zu Frau ganz individuell. Beispielsweise kann die Periode ganz plötzlich ausbleiben, oder sie klingt nach und nach ab. Typische Anzeichen sind vaginale Trockenheit, Hitzewallungen, aber auch Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen können zur Symptomatik gehören. Entscheidend für eine Therapie ist aber, wie hoch der Leidensdruck der Frau ist. Ihre subjektive Wahrnehmung bestimmt, ob und was unternommen wird. Je nachdem konzentriert man sich nur auf ein einzelnes Symptom und behandelt dieses gezielt. Kommen mehrere Symptome wie Hitzewallungen oder mentales Unwohlsein zusammen, wird eine umfassendere Behandlung gewählt.

    Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

    So individuell die Beschwerden und das Empfinden der Frau, so unterschiedlich ist auch die Behandlung. Beispielsweise kann mithilfe pflanzlicher Tees und Salben behandelt werden. Der Lebensstil beeinflusst massgeblich, wie hoch der Leidensdruck wahrgenommen wird. Es ist erwiesen, dass gute körperliche Belastung während rund 40 Minuten zwei- bis dreimal pro Woche perimenopausale Symptome lindern können. Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Falls die Frau es wünscht, kann eine Ernährungsberatung sinnvoll sein, da der Körper die Nahrung mit zunehmendem Alter anders verwertet. Auch komplementärmedizinische Behandlungen können in die Therapie miteinbezogen werden. Wie Sie sehen, ist die prämenopausale Beratung sehr komplex. Umso wichtiger ist eine ganzheitliche Beratung. In manchen Fällen hilft eine Hormonersatztherapie. Gerade für Frauen, deren Knochendichte erniedrigt ist oder die eine hormonelle Sterilitätsbehandlung hinter sich haben, lohnt es sich, diese Möglichkeit in Erwägung zu ziehen. Hierfür ist aber zwingend nötig, sich zur Festlegung des Nutzen-Risikoprofils ausführlich von einem Frauenarzt beraten zu lassen.

    Gibt es untypische Symptome, bei denen es ratsam ist, einen Gynäkologen aufzusuchen?
    Insbesondere bei Zwischen- oder unregelmässigen Blutungen, unklaren Schmerzen, Gebärmutter-Vorerkrankungen in der Familie oder Unregelmässigkeiten beim Brustabtasten – neu aufgetretene Knoten, vor allem nur auf einer Seite – sollten sich Patientinnen von einem Gynäkologen oder einer Gynäkologin untersuchen lassen.

    In den Wechseljahren kann eine Entfernung der Gebärmutter zum Thema werden. Wann ist eine solche Operation zu empfehlen?

    Früher wurde die Gebärmutter schon fast routinemässig entfernt. Heute braucht es dafür einen triftigen Grund. Starke Blutungen, Myome – also gutartige Wucherungen des Muskelgewebes der Gebärmutterwand – oder sich häufende auffällige Abstriche können Anlässe sein; ebenso Senkungen der Gebärmutter mit Scheiden-/ Darmsenkung. Dies wird heute nach sorgfältiger Auf- und Abklärung vorgenommen, da ein operativer Eingriff und eine Narkose immer mit Risiken verbunden sind.

    Obwohl die monatliche Menstruation eine zusätzliche Belastung im Alltag sein kann, so ist sie auch Zeichen des Frauseins. Wie erleben Frauen die Wechseljahre, wenn die Tage ausbleiben?

    Frauen gehen sehr individuell mit dem Ausbleiben der Periode um. Einige kommen gut damit klar, sind sogar fast froh. Häufig ist es so, dass zusätzlich weitere einschneidende Veränderungen in diese Lebensphase fallen. Oft ziehen zur selben Zeit die Kinder von zu Hause aus oder das Berufsleben verändert sich, was zusätzlich oder zusammen mit der Menopause einen gewissen Leidensdruck entstehen lassen kann. Dieser ist aber selten so gross, dass wir Patientinnen an einen Psychotherapeuten überweisen. Wir machen die Erfahrung, dass es schon viel hilft, den Leidensdruck anzuerkennen und ihn aktiv anzusprechen. Auch zusätzliche komplementärmedizinische Behandlungen wie TCM oder Craniosacral-Therapie können unterstützend wirken.

    Zur Person

    Dr. med. Claus Platten führt seit 2009 die Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe in Schaffhausen, wo er Patientinnen vom Teenager- bis ins Seniorenalter betreut. In seiner Freizeit spielt er Volleyball, reist und fischt gerne und ist zudem Präsident der Kantonalen Ärztegesellschaft.

    www.frauenarzt-schaffhausen.ch

    Welche Kontrolluntersuchungen sollten auch nach den Wechseljahren beibehalten werden?

    Meines Erachtens bieten Apotheker und Apothekerinnen an dieser Stelle wertvolle Unterstützung. Sie sind ebenfalls nah an den Patientinnen und können sie für Vorsorgeuntersuchungen sensibilisieren und motivieren. Sinnvoll ist sicherlich, regelmässig eine Mammografie – also die Untersuchung zur Früherkennung von Brustkrebs – zu machen. Auch die Messung der Knochendichte zur Erkennung von Osteoporose und regelmässige Darmspiegelungen zum frühzeitigen Ausschluss von Dickdarmkrebs sind wichtige Instrumente. Zudem ist eine Kontrolle beim Gynäkologen alle eineinhalb bis zwei Jahren empfehlenswert.

    Was sollte eine gynäkologische Kontrolle beinhalten?

    Spätestens von dem Zeitpunkt an, ab dem eine Frau sexuell aktiv wird, sollte regelmässig alle eineinhalb bis zwei Jahre eine gynäkologische Kontrolle gemacht werden. Sie beinhaltet neben einem einleitenden orientierenden Gespräch über die Lebenssituation, den Kinderwunsch, die Verhütungssituation und Beschwerden auch die Beurteilung des Gebärmutterhalses, eine Abtastung von innen und allenfalls einen PAP-Abstrich. Es muss nicht zwingend bei jeder Jahreskontrolle ein Abstrich gemacht werden. Dieser sollte risikoadaptiert alle ein bis drei Jahre gemacht werden, abhängig von der Familiengeschichte, wenn frühere Abstriche Auffälligkeiten zeigten oder bei Risikofaktoren – zum Beispiel bei Nikotinkonsum. Sollte die Frau Schmerzen haben oder die Abtastung unklar sein, kann die Kontrolle einen Ultraschall beinhalten. Auch das Abtasten der Brust und gegebenenfalls die Instruktion, wie die Frau sich selbst abtasten kann, gehören zur Jahreskontrolle.

    Häufig ist der Frauenarzt derjenige Arzt, den die Frau am häufigsten sieht. Deshalb nehmen wir uns für unsere Patientinnen Zeit. Wir kontrollieren auch den Urin, das Blut und manchmal den Blutdruck – Letzteres ist insbesondere bei der Einnahme eines Östrogenpräparats wichtig – und besprechen plötzlich auftretende Symptome wie Kopfschmerzen oder Migräne. Von sich aus sprechen Patientinnen manche Beschwerden selten an, nehmen sie einfach hin und denken, diese gehören zum Leben. Umso erleichterter sind Frauen, wenn ich intime Beschwerden – beispielsweise vaginale Trockenheit – anspreche.

    Dieselbe Erfahrung machen wir in der Apotheke. Wir sprechen Frauen an, ob betreffend Verhütung noch alles zur Zufriedenheit der Frau eingestellt ist und ob allenfalls wieder mal Zeit für eine gynäkologische Kontrolle wäre.

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