Seit 2018 führt Dr. med. Markus Schönberger eine eigene urologische Praxis in Schaffhausen und ist als Belegarzt an mehreren Spitälern tätig. Ob es um einen unerfüllten Kinderwunsch, Beschwerden beim Wasserlassen oder um die Behandlung einer Krebserkrankung geht – er begleitet seine Patienten mit grossem Fachwissen und Einfühlungsvermögen. Im Interview erklärt er, warum Vorsorge entscheidend ist und der Besuch beim Urologen längst kein Tabu mehr sein sollte.
Zur PersonDr. med. Markus Schönberger ist Facharzt für Urologie FMH und leitet seit 2018 das Zentrum für Urologie Schaffhausen. Mehr erfahren unter: www.zentrumfuerurologie-schaffhausen.ch/ |
Was fasziniert Sie an der Urologie – und wie sieht Ihr Praxisalltag aus?
Es ist ein spannendes und sehr vielfältiges Fachgebiet. Es beinhaltet viele operative Eingriffe, befasst sich mit Krebserkrankungen, konservativen Therapien und auch Themen wie dem unerfüllten Kinderwunsch. Thematisch ist der Bereich sehr breit, gleichzeitig anatomisch aber gut überschaubar. Die Urologie wird oft als männlich dominiert wahrgenommen, aber was viele nicht wissen: Wir behandeln auch Frauen, etwa bei wiederkehrenden Blasenentzündungen oder Tumorerkrankungen des Harntrakts. Bei jüngeren Männern sind Kinderwunschabklärung oder Hodenkrebs relevante Themen. Ältere Männer kommen häufig wegen Prostatabeschwerden, einer Vasektomie oder zur Vorsorge.
Stichwort Vorsorge – was sollten Männer diesbezüglich beachten?
Prostatakrebs ist mit rund 8’000 Fällen pro Jahr die häufigste Krebserkrankung beim Mann in der Schweiz. Die Früherkennung von Prostatakrebs beginnt idealerweise ab 45 Jahren – in der Regel mit einer PSA-Blutuntersuchung (Anm. d. Red.: ein Blutwert zur Früherkennung von Prostatakrebs), die meist der Hausarzt durchführt. Die früher verbreitete Tastuntersuchung spielt heute kaum noch eine Rolle.
Bei Hodenkrebs sind ähnliche Vorsorgeuntersuchungen weniger effektiv, da er deutlich schneller wächst als Prostatakrebs. Hier ist regelmässiges Selbstabtasten alle ein bis zwei Monate sinnvoll. Insbesondere für jüngere Männer gilt: Wenn man etwas am Hoden spürt, nicht abwarten, sondern abklären lassen. Hodenkrebs ist selten, aber die häufigste Krebserkrankung bei Männern zwischen 25 und 45.
Es gibt auch offensichtliche Warnsymptome wie beispielsweise Blut im Urin. Das kann ein Frühzeichen von Blasenkrebs sein und muss immer direkt abgeklärt werden.
Weshalb ist Selbstabtasten beim Hoden sinnvoller als ein ärztliches Screening?
Hodenkrebs zeichnet sich durch ein verhältnismässig schnelles Wachstum aus. Wenn ich heute eine Untersuchung mache und die ist unauffällig, kann in wenigen Wochen trotzdem ein Tumor entstehen. Das macht regelmässige ärztliche Screenings unpraktisch. Selbstabtasten ist hier die wirksamste Methode: Man kennt seinen Körper am besten – und wenn man eine Veränderung spürt, sollte man rasch reagieren. Die meisten Befunde sind harmlos, aber eine Abklärung bringt Gewissheit.
Welche Risikofaktoren spielen bei urologischen Krebserkrankungen eine Rolle – und wie sieht deren Behandlung aus?
Bei Prostatakrebs ist die familiäre Häufung entscheidend. Wer einen Vater oder Bruder mit dieser Diagnose hat, hat ein deutlich höheres Risiko – und sollte besonders früh mit der Vorsorge beginnen. Beim Blasenkrebs ist Rauchen der grösste Risikofaktor. Über die Hälfte der Blasentumore sind tabakbedingt.
Prostatakrebs lässt sich sowohl mittels Bestrahlung wie auch operativ behandeln. Die Operation bei lokalisiertem Prostatakrebs erfolgt heute standardmässig minimalinvasiv («Schlüssellochchirurgie») mit Unterstützung eines sogenannten Da-Vinci-Operationsroboters. Das bedeutet schnellere Erholung, weniger Schmerzen und kürzere Spitalaufenthalte. Auch grössere Eingriffe, etwa bei Blasenkrebs, erfolgen zunehmend auf diese Weise. Oberflächliche Tumore hingegen lassen sich meist endoskopisch durch die Harnröhre entfernen.
Wie läuft die Versorgung bei Krebsdiagnosen ab – arbeiten Sie dabei mit Kliniken zusammen?
Ja, das ist für uns zentral. Unsere Praxis, das Zentrum für Urologie Schaffhausen, ist eine Praxis, in der ausser mir noch eine Kollegin arbeitet, aber ich bin durch Belegarzttätigkeiten eng mit dem Kantonsspital verbunden und als zertifizierter Kooperationspartner im uroonkologischen Zentrum der Klinik Hirslanden in Zürich eingebunden. Jeder Patient mit einer Krebsdiagnose wird an einem interdisziplinären Tumorboard vorgestellt. Dort besprechen wir Fälle gemeinsam mit Onkologen, Strahlentherapeuten und anderen Urologen. So entsteht eine Empfehlung, an der wir uns orientieren – das sichert die Qualität und Transparenz der Behandlung.
Wie steht es generell um das Gesundheitsbewusstsein bei Männern – begegnen Ihnen in der Praxis noch Tabus?
Die Sensibilität für Früherkennung und das Gesundheitsbewusstsein hat bei vielen Männern zugenommen. Dennoch gibt es nach wie vor Männer, die erst auf Druck der Partnerin oder des Hausarztes einen Urologen aufsuchen. Gerade bei der Prostatafrüherkennung leisten Hausärzte über Bluttests einen wesentlichen Beitrag.
Die Hemmschwelle, einen Urologen aufzusuchen, ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Viele Männer kommen zwar noch mit gewissen Vorbehalten – gehen aber meist mit einem guten Gefühl wieder nach Hause. Hin und wieder begegnet mir dennoch ein Vorurteil. Manche Patienten drehen sich bei der Untersuchung reflexartig auf die Seite, weil sie als erstes eine Tastuntersuchung der Prostata erwarten – dabei ist dies mittlerweile oft gar nicht mehr gängige Praxis bei der Früherkennung von Prostatakrebs.