Der grösste Wunsch von Eltern ist, dass ihr kleiner Schützling gesund sein und eine unbeschwerte Kindheit verbringen darf. Doch was, wenn das eigene Kind mit einer chronischen Krankheit diagnostiziert wird? Norina, eine betroffene Mutter, erzählt.
Eine kühle Brise weht vom Meer her und spielt mit den blonden Locken des kleinen Jungen, der eifrig Sandburgen baut und dann begeistert ruft: «Schau Mama, die vielen Türme, die ich gebaut habe!» Norina lobt ihren kleinen Jungen und die Momente des Glücks treiben ihr Freudentränen in die Augen. Ihr kleiner Blondschopf hatte bereits im Traum zu ihr gesprochen: «Mama, ich bi nid gsund, aber das macht nüt!». Vergessen konnte sie diesem Traum nie und sollte ihn später deuten können.
Tom kränkelt
Die Geburt verlief ohne Auffälligkeiten. Der späte Abgang des Mekoniums – Kindspech (medizinische Bezeichnung: Mekonium) ist der schwärzlich-grüne, geruchlose Stuhl des Kindes, der sich während der Schwangerschaft ansammelt – fiel Norina sofort auf. Jedoch liess sich Tom gut stillen, nur nahm er kaum ein Gramm zu. Nach zwei Monaten wog er noch gleich viel wie bei der Geburt. Zudem waren da die komischen Stuhlgänge. Beim nächsten forderte Norina vom Kinderarzt weitere Abklärungen. Dafür musste Tom in die Kinderklinik, in der man seinen Schweiss sammelte und den Kochsalzgehalt bestimmte. Man erklärte ihr, dass die Diagnose mit grösster Wahrscheinlichkeit zystische Fibrose laute, falls die Konzentration zu hoch sei. Verursacht durch ein defektes Gen, bildet dabei die Schleimhaut ein zähes Sekret, das vor allem die Funktion von Lunge, Bauchspeicheldrüse und Verdauungstrakt beeinträchtigt. Wäre dies der Fall, würde Tom für den Rest seines Lebens eine zeitintensive Therapie benötigen. Schlussendlich gebe aber nur ein Gentest die absolute Gewissheit. Er werde durchgeführt, wenn der Schweisstest positiv ausfalle. «Aber schon nach dem Schweisstest sagten mir die Ärzte, dass Tom wohl Mukoviszidose, ein anderer Name für zystische Fibrose, habe», ergänzt Norina. Irgendwie kam ihr die Sache so bekannt vor. Ein Kind im Bekanntenkreis hatte ähnliche Symptome und bekam eine Diagnose ohne Aussicht auf Heilung. Sie wusste: Der Weg vor ihnen wird nicht leicht werden.
Der Lungenspezialist nahm sich Zeit und erklärte Norina alles ganz genau. Sie bekam einen Behandlungsplan, Inhalator, Medikamente und Vitaminpräparate. Das wichtigste Medikament darunter war ein Pankreasenzympräparat in Form kleiner Kügelchen, die sie Tom jeweils vor dem Stillen geben musste. Eine echte Herausforderung! Wie sollte ein dreimonatiges Kind wissen, dass es wichtig ist, die Kügelchen zu schlucken? Norina hatte den Dreh jedoch schnell raus: Sie verabreichte die Kügelchen unmittelbar vor dem Stillen, und sobald sie im Mund waren, setzte sie Tom zum Trinken an. So funktionierte es perfekt. Schon bald stellte sie erleichtert fest, dass Tom dank der Kügelchen, die er nun täglich schlucken musste, aufblühte.