Superfoods, Entschlackungskuren und Wunderdiäten: Ernährungsthemen liegen im Trend. Doch worauf kommt es wirklich an? Wir haben mit den Ernährungstherapeutinnen Caroline Hofmann und Brigitt Gächter gesprochen.
Im Winter fühlen sich viele Menschen müder als sonst. Was ist der Grund? Hat dies auch mit der Ernährung zu tun?
Caroline Hofmann: Müdigkeit kann viele Ursachen haben. Im Winter wirken die kurzen und dunkleren Tage ermüdend. In dieser Zeit haben wir auch tendenziell Appetit auf deftigeres Essen. Dieses ist schwerer verdaulich, braucht also mehr Energie und macht uns müder.
Brigitt Gächter: In der kalten Jahreszeit essen wir zudem Lebensmittel, die durch längere Lagerung Mikronährstoffe verloren haben und so dem Körper nicht mehr gleich viel Nährstoffe liefern. Speziell der Vitamin-C-Gehalt ist in den Lebensmitteln viel tiefer als im Sommer.
Caroline Hofmann: Die letzten Wochen des Jahres sind häufig stressig und man vernachlässigt die ausgewogene Ernährung. Weil wir uns im Winter seltener draussen aufhalten, bekommen wir weniger frische Luft. All diese Begebenheiten können müde machen.
Wenn sich ein Patient über Müdigkeit beklagt, dann frage ich nach solchen potenziellen Ursachen, schlage punktuell Anpassungen vor und beobachte, ob sich etwas verändert.
Brigitt Gächter: Ich lege ein besonderes Augenmerk auf den Tagesablauf: Was wird wann gegessen? Wie spät vor dem Schlafengehen wird noch gegessen? Ist die Person tendenziell eine Nachteule oder eine Morgenlerche? Wird diese natürliche Veranlagung in der Tagesstruktur beachtet oder hat sich jemand an ungünstige Strukturen gewöhnt? Caroline Hofmann: Wenn sich die Müdigkeit trotz Lebensstil-Anpassungen nicht verringert, dann sollte die Ursache unbedingt ärztlich
abgeklärt werden. Denn Müdigkeit kann auch als Symptom auf eine Krankheit hinweisen.
Sie haben unausgeglichene Ernährung als Müdigkeitsfaktor genannt. Können Sie das genauer ausführen?
Caroline Hofmann: Durch eine einseitige Ernährung kann eine Unterversorgung an Mineralstoffen und weiteren Mikronährstoffen entstehen. Die Empfehlungen, wie viel von einem Mikronährstoff konsumiert werden sollte, sind in der Regel am unteren Ende des eigentlichen Bedarfs angesiedelt. Häufig werden aber nicht einmal die empfohlenen minimalen Tagesdosen eingenommen. Wenn jemand durch veränderte Lebensumstände oder beispielsweise mehr Sport einen höheren Bedarf an Mikronährstoffen hat, geht das nicht mehr auf. Man lebt dann eigentlich in einer konstanten Unterversorgung, die sehr müde machen kann.
Zurzeit beobachten wir einen starken Trend in Richtung vegane oder umweltbewusste Ernährung: In der Tendenz haben solche Ernährungsformen häufig eine Mangelernährung zur Folge. Eine Supplementierung bestimmter Mikronährstoffe ist fast immer notwendig. Im Winter verschärft sich die Unterernährung in der Regel zusätzlich.
Brigitt Gächter: Was wir uns bewusst machen müssen: Was mein Körper heute zur Verfügung hat, ist durch die Ernährung über die letzten Monate hinweg entstanden. Im Umkehrschluss ist eine Mangelernährung auch nicht von heute auf morgen korrigierbar. Das braucht eine gewisse Zeit.