's Heftpflaster

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    Herz für Mutter und Kind

    Foto: Katharina Klemenz, Logez GmbH

    Hebammen wie Marie-Louise Lüscher helfen Eltern und Kind, sich im neuen Lebensabschnitt zurechtzufinden. Im Gespräch gewährt sie uns Einblick in ihren Berufsalltag.

    Was gehört zum Aufgabenbereich einer Hebamme?

    Wir begleiten werdende Mütter und ihre Kinder während der Schwangerschaft, machen Kontrollen und bereiten die Eltern auf die Geburt vor. Auch bei der Geburt und im Wochenbett, also der Zeit nach der Geburt, unterstützen wir die frischgebackenen Eltern. So wie nicht jede Hebamme notwendigerweise die gleichen Dienstleistungen anbietet, suchen auch Mütter und Kinder nicht immer dieselbe Betreuung. Mir ist es wichtig, individuell auf das Mutter-Kind-Duo einzugehen und beide so zu begleiten, wie sie es brauchen.

    Welche Probleme stellen sich Ihnen im Berufsalltag?

    Die grösste Schwierigkeit ist, dass es zu wenige Hebammen gibt. Dies wird sich noch zuspitzen, wenn Hebammen mit langjähriger Erfahrung in den Ruhestand gehen, gleichzeitig aber zu wenige nachkommen. Eigentlich wäre es am schönsten, den Müttern eine vollumfängliche Begleitung durch die Schwangerschaft, bei der Geburt und im Wochenbett anzubieten. Doch oftmals ist das gar nicht möglich. So begleite ich die Mütter meist erst im Wochenbett. Wer durch eine Hebamme ihrer Wahl betreut werden will, sollte sich bereits ab dem dritten oder vierten Monat darum kümmern.

    Sie haben vorhin die Betreuung im Wochenbett erwähnt. Wie begleiten Sie die Mütter und Kinder in dieser Phase?

    Heute kommen die frischgebackenen Mütter oft bereits am dritten Tag nach Hause. Vor 30 Jahren blieb man noch eine Woche im Spital. Weil sie früher auf sich gestellt sind, versuche ich, sie gleich am Tag nach ihrer Heimkehr zu besuchen. Denn nach der ersten Nacht zu Hause ohne Unterstützung des Pflegepersonals tauchen in der Regel Fragen und Unsicherheiten auf, häufig zum Thema Stillenund Milcheinschuss. Danach werden Termine nach Absprache und Bedürfnissen von Mutter und Kind gemacht. Mein Ziel ist, dass die Mütter nicht abhängig von mir werden, sondern lernen, langsam in ihre neue Lebenssituation hineinzuwachsen. Sie sollen mehr Vertrauen in die eigene Wahrnehmung gewinnen. So wird es ihnen gelingen, den eigenen Bedürfnissen und denen ihres Kindes gerecht zu

    werden.

     

    Erleben Sie denn auch eine Zunahme der Wochenbettdepression?

    Nein, nicht wirklich. Die hormonellen Schwankungen, welche die Wochenbettdepressionen auslösen können, sind nach der Geburt normal. Ich beobachte, dass Frauen, die während ihres monatlichen Zyklus stärkere Stimmungsschwankungen durchmachen, oft auch nach der Geburt stärkere Stimmungsschwankungen erleben. Diese Frauen können aber meist gut mit pflanzlichen Mitteln behandelt werden. Wichtig ist, die Frau zu beobachten und eine beginnende Depression abzufangen.

    Man hört von vielen traumatischen Erlebnissen bei der Geburt. Sind Traumata wirklich so häufig?

    Meiner Meinung nach hat das mit dem falschen gesellschaftlichen Bild der Schwangerschaft und Geburt zu tun, das die physiologischen Aspekte und damit die verbundenen Risiken und Gefahren unverhältnismässig stark in den Fokus nimmt. Mir fehlt der Fokus auf das Positive, denn Schwangerschaft und Geburt sind berührende und einzigartige Erlebnisse für die werdenden Eltern. Traumata können entstehen, weil das Erlebte nicht mit den Vorstellungen übereinstimmt. Beispielsweise erwartete jemand, basierend auf der Erzählung einer Freundin, eine vierstündige Geburt. Bei ihr dauerte es aber 20 Stunden. Aufgrund der veränderten Wahrnehmung einer gebärenden Frau können auch Missverständnisse zu Traumata führen. Hier lohnt es sich, die Geburt aufzuarbeiten und den Geburtenbericht Schritt für Schritt durchzugehen. Doch Traumata sind nicht Programm, es gibt auch viele schöne Geburten.

    Was mögen Sie am Beruf der Hebamme am meisten?

    Ich schätze die Abwechslung und dass ich mich immer wieder aufs Neue auf Menschen und ihre individuelle Lebenssituation einlassen darf. Sehr bereichernd ist für mich, eine Frau nach mehreren Geburten zu begleiten, denn da kann man ab der zweiten Geburt auf eine bestehende Grundbasis aufbauen. Jede Frau, jede Geburt ist individuell und darauf möchte ich eingehen.

     

    Was wünschen Sie sich für Ihren Berufsstand?

    Mein Wunsch ist, dass es wieder mehr Hebammen gibt. Es ist ein so bereichernder und wichtiger Beruf. Auch ist mir wichtig, dass sich das Bild dieses Berufes in der Gesellschaft ändern darf. Eine Hebamme ist nicht nur bei der Geburt präsent. Wir begleiten manche Mütter bereits in der Schwangerschaft und anschliessend im Wochenbett. Es gibt auch Heb- ammen, die beispielsweise gar nicht an Geburten teilhaben, dennoch sind sie Hebammen.

    Für die Frauen wünsche ich mir, dass sie wieder vermehrt auf ihren Instinkt hören und sich selbst mehr vertrauen. Dass sie den Mut haben, für sich selbst einzustehen und für das, was sie wollen.

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