Plagen das eigene Kind plötzlich Bauchschmerzen oder einen Hautausschlag, ist das für die Eltern Grund zur Sorge. Martin Währy, leitender Apotheker Im Dorf, und der Schaffhauser Allergologe Stefan Schwarzkopf unterhalten sich darüber, wie sich Allergien bei Kindern äussern.
Martin Währy: Welche Erfahrung haben Sie mit Allergien bei Kindern? Sind die Symptome dieselben?
Stefan Schwarzkopf: Kinder reagieren generell öfters mit Bauchschmerzen. Auch bei einer Lungenentzündung geben sie gelegentlich Bauchschmerzen an. Bei Heuschnupfen reagieren sie zwar ähnlich wie Erwachsene, bei den Nahrungsmitteln hingegen äussern sich Allergien bei Kindern eher über den Bauch. Die Diagnose verläuft etwas anders, denn Kinder sind nicht einfach zu testen, oftmals machen sie nicht mit und weinen. Pieksen oder Stechen, was für Testungen notwendig ist, kann man sie auch nicht einfach so. Deshalb befrage ich viel mehr die Eltern und suche nach Informationen. Bei Kindern greife ich zu circa 90 % auf die Anamnese, d.h. die Befragung der Eltern zurück, nur etwa 10 % sind die bestätigenden Testungen. Ich versuche, möglichst wenig zu traumatisieren, bei Verdacht auf Heuschnupfen teste ich meist auf Gräser und Birke, es sind vor allem diese Leitallergene wichtig.
Martin Währy: Wieso ist das Birkenallergen für Testungen gut geeignet?
Stefan Schwarzkopf: Ja. Wenn das Kind positiv darauf getestet ist, dann weiss ich, dass es ein Atopiker ist, was bedeutet, dass das Immunsystem veranlagt ist, Allergien zu entwickeln. Zudem hilft es, Hautausschläge wie Neurodermitis, das Niesen im Frühling und die Kreuzallergien mit der Hasel und der Erle erklären zu können. Bei Kindern ist Diagnostik weniger wichtig, dafür Erfahrung und Bauchgefühl umso mehr. Das Schwierige ist auch, dass sich das Kind oftmals selber noch nicht so gut artikulieren kann und die Eltern allenfalls sogar eher durch ihre Angst geleitet eine Reaktion des Kindes überbewerten. Aber die Behandlung ist dieselbe. Wenn ein Kind eine Erdnusssensibilisierung mit entsprechend schweren Symptomen hat, dann braucht es allenfalls auch den EpiPen Junior.
Martin Währy: Stellen Sie eine altersabhängige Häufung von Allergien fest? Leiden beispielsweise Kleinkinder öfters an Allergien?
Stefan Schwarzkopf: An Nahrungsmittelallergien, ja. Heuschnupfen haben aber eher die 7-12-jährigen, und allergisches Asthma entwickelt sich noch später. Aber die Nahrungsmittelallergien kommen früh, also vor allem auf Milch und Ei. Diese wachsen sie sich aber gerne aus. Und deswegen hat ein(e) Erwachsene(r) oftmals weniger Allergien, obwohl er/sie als Kind z.B. Kuhmilch nicht vertragen hat. Anders verhält es sich mit den Intoleranzen: mit dem steigenden Alter werden sie häufiger. Diese sind nämlich nur selten genetisch bedingt, sondern sie entwickeln sich durch Umwelteinflüsse. Ob es dennoch eine gewisse Veranlagung gibt, ist ungewiss.
Martin Währy: Was empfehlen Sie Eltern, wie mit der Allergie des Kindes umgegangen werden sollte?
Stefan Schwarzkopf: Wichtig ist vor allem die Instruktion des Umfelds. Bei Kindern muss der Lehrer instruiert werden, das ist unerlässlich. Ausserdem muss, sollte das Kind beispielsweise eine schwere Erdnussallergie haben, in der Schule auch ein EpiPen Junior vorhanden sein und die Lehrer sollten damit umzugehen wissen. Das Kind mit Erdnussallergie weiss vielleicht schon, dass es Erdnüsse nicht essen darf. Trotzdem weiss es vielleicht nicht, dass es zum Beispiel in einem Snickers Erdnüsse hat und nimmt die angebotene Süssigkeit eines anderen Kindes dankend an.
Dem Kind deswegen aber alles zu verbieten, hilft nicht. Vielmehr sollte der Fokus darauf liegen, wie bei einer Reaktion reagiert werden muss.
Interessieren Sie sich für Allergien? Lesen Sie das ganze Gespräch zwischen Martin Währy und Stefan Schwarzkopf.
Zur Person:
Dr. med. Stefan Schwarzkopf ist Schaffhauser Facharzt für Dermatologie und Venerologie und führt seit 2007 eine Facharztpraxis für Dermatologie sowie allergische Krankheiten in Schaffhausen. www.dermazentrum-schaffhausen.ch
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