links: Marco Grob, leitender Apotheker; rechts: PD. Dr. med. Schweizer
Marco Grob, leitender Apotheker Zum Zitronenbaum, erörtert mit dem Schaffhauser Chirurgen PD Dr. med. Walter Schweizer die Tragweite einer patientenbezogenen Vorbereitung auf eine Operation.
Marco Grob: Dr. Schweizer, Sie sind spezialisiert in der Viszeralchirurgie. Was ist darunter zu verstehen und was sind häufige Operationen?
Dr. Schweizer: Viszeralchirurgie ist Teil der Allgemeinchirurgie, die alle «einschneidenden» Eingriffe im Körper umfasst, und kümmert sich auch um schwierigere Operationen der inneren Organe. Die meisten Chirurgen nehmen zum Beispiel Bruchoperationen wie Leisten-, Nabel- und Narbenbrüche oder Hämorrhoiden vor. Weil diese häufig sind, ist eine intensive Auseinandersetzung mit diesen Eingriffen sehr wichtig.
Marco Grob: Sehen Sie auch Krankheitsbilder, die eigentlich vermeidbar wären?
Dr. Schweizer: Das ist schwierig zu sagen. Beispielsweise scheinen Tumore bei Rauchern häufiger zu sein. Spannend ist, dass eine gesunde Ernährung und ein vernünftiger Lebensstil zum Beispiel Hämorrhoiden verzögern oder weniger ausgeprägt werden lassen. Hernien hingegen sind oft auf die Veranlagung zurückzuführen, schweres Lastenheben kann einen Leistenbruch früher begünstigen, ist aber nicht die eigentliche Ursache.
Marco Grob: Jetzt haben wir nur vom physischen Aspekt gesprochen. Wie sieht es mit dem psychischen aus? Viele Patienten kommen ja erst nach einer langen Reise zum Chirurgen. Wie gehen Sie mit diesen Patienten um?
Dr. Schweizer: Grundsätzlich sollte der erste Schritt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Patienten und seinem Problem sein. Zusammen ist zu erörtern, wie gross der Leidensdruck und ob eine Operation wirklich nötig ist. Wäre stattdessen eine andere Massnahme, eine Ernährungsumstellung oder eine Stuhlregulation sinnvoll? Die zeitintensive Beschäftigung mit dem Patienten und dessen Umfeld ist gerade in der Chirurgie sehr wichtig. Denn es ist zu einfach, nur mal etwas abzuschneiden. Nur nach einer intensiven Beschäftigung mit dem Patienten und dessen Problem kann abgewogen werden, ob eine Operation wirklich sinnvoll ist. Der andere Aspekt dieses Vorgehens ist, dass so das notwenige, gegenseitige Vertrauen geschaffen werden kann. Es ist also eine falsche Annahme, dass man als Chirurg einfach nur operiert.
Marco Grob: Sie sprechen von der gegenseitigen Vertrauensbasis. Wie wirkt sich diese auf den Heilungsprozess aus? Gibt es noch andere wichtige Faktoren?
Dr. Schweizer: Das Gespräch schafft ein gegenseitiges Verständnis und daraus entsteht dann diese Vertrauensbasis, dass beide nach der besten Lösung suchen, die zu der spezifischen Situation passt. Der faktenbasierte, gemeinsame Entscheid führt dazu, dass sich beide wohlfühlen da- mit. Das wiederum kann sich positiv auf den Ausgang der Operation aus- wirken. Ein anderer, wichtiger Faktor ist, dass der Patient den Eingriff in einer guten Kondition antritt. Damit meine ich, dass vorher alle Vitaminspeicher aufgefüllt sind und keine Eiweissunterernährung, kein Immundefizit und keine Mangelernährung besteht. Ich lege grossen Wert darauf, dass Patienten vor dem Eingriff eine gute Kondition haben und ihre Speicher mit Nahrungsergänzung auffüllen. Denn die gute Kondition trägt dazu bei, dass sich die Patienten schneller erholen, der allfällige Aufenthalt auf der Intensivstation kürzer ist und dass sich weniger Infektionen bilden. Weil circa 40 % der älteren Spitalpatienten mangelernährt sind, denke ich, dass auch die Apotheken mithelfen können und sollen, dieses Bewusstsein einer ausgewogenen Ernährung und von sinnvoller Nahrungsergänzung zu fördern, besonders auch im Hinblick auf Winter- und Grippezeiten.
PD Dr. med. Walter Schweizer ist Schaffhauser Viszeralchirurg und war seit 1996 zunächst während über 12 Jahren als weitherum anerkannter Chefarzt am Kantonsspital tätig. Seit Oktober 2008 führt er seine eigene Praxis in der Stadt und seit Juli 2017 arbeitet er auch in der Kirchhofpraxis Stadtzentrum in Schaffhausen zusammen mit seiner Frau (Haus- und städtische Heimärztin).